Der doppelte Gayer sichert 2:2 gegen Frankfurt

Aus Borussias traditionsreicher Historie / Heute vor 53 Jahren: Borussia bleibt in 4 Spielen ungeschlagen, verpasst aber beim 2:2 gegen Eintracht Frankfurt einen Sieg / Wolfgang Gayer der herausragende Spieler

Unser Bild: Stürmer Wolfgang Gayer (Mitte), im Laufduell mit Frankfurts Fahrudin Jusufi, schoß gegen Frankfurt beide Tore. Hinten beobachten Dieter Lindner und der Borusse Ludwig Lang die Szene. (Foto: 90 Minuten – Mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Die erste Mannschaft, die nach einem Abstieg den direkte Wiederaufstieg in die Bundesliga schaffte, war unsere Borussia. Im Sommer 1967 kehrten die Männer aus dem Ellenfeld in die bel-etage des deutschen Fußballs zurück. Nach missglücktem Start gelang erst am 8. Spieltag mit einem 3:2 gegen den Karlsruher SC der erste Saisonsieg, dem dann mit 2:1 gegen den 1. FC Köln gleich der zweite folgte. Nachdem die Borussen dann in Runde 10 beim HSV mit 0:0 auch den ersten Auswärtspunkt mit ins Saarland gebracht hatten, blickte man mit viel Optimismus dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt entgegen.

Doch Werbung für den Fußball konnten beide Teams vor 15.000 Zuschauern im Ellenfeld in Halbzeit eins nicht betreiben. Trotz gestiegenen Selbstvertrauens schienen die Borussen zu großen Respekt vor dem Gegner zu haben, während die Frankfurter viel Wert auf eine verstärkte Defensive legten. Für den meisten Betrieb sorgten auf Borussias Seite Hugo Ulm und Wolfgang Gayer auf der rechten Flanke. Der linke Flügel dagegen lahmte. Logische Konsequenz: In einer zerfahrenen Partie fehlten zur Pause die Tore. „Jetzt hoffe ich nur noch auf den Wind“, klagte Borussias Coach Zeljko Cajkovski angesichts der Sturmflaute.

Seine Hoffnungen sollten sich in den zweiten 45 Minuten zumindest teilweise erfüllen. Zunächst ließ Wingert nach 50 Minuten zwar eine fast todsichere Chance aus, als er aus 11 Metern am scheunengleich offenen Tor der Eintracht vorbei zielte, doch dann fielen die Tore, die für Spannung sorgten – gleich vier in 20 Minuten. Der junge Jürgen Grabowski machte für Frankfurt den Anfang, behauptete sich gegen Dieter Schock, verwertete einen Pass des Österreichers Wilhelm Huberts und schoss am herauslaufenden Willi Ertz vorbei flach ins lange Eck ein (57.). Das Tor für die Gäste weckte die Borussen sichtbar auf. Jetzt schlug die Stunde von Wolfgang Gayer, der zum Doppelschlag ausholte und nach 66 Minuten den Ausgleich erzielte: Einen harten Weitschuss von Erich Hermesdorf parierte Peter Kunter im Eintracht-Tor meisterlich, doch den Abpraller lenkte Gayer ins Netz. Nur drei Minuten später musste Frankfurts Schämer tatenlos zusehen, wie derselbe Gayer ein Kopfballzuspiel von Günter Kuntz per Volleyschuss durch die Beine von Kunter zur Borussen-Führung verwertete.

Doch nun schlichen sich mit der Führung im Rücken unverständlicherweise wieder Ungenauigkeiten und Unkonzentriertheiten ins Spiel der Ellenfelder ein. Es wurde gedribbelt, wenn ein befreiender Schlag angebracht wäre. Eine dieser Unaufmerksamkeiten nutzte Frankfurts Lotz, der nach einer von Huberts verlängerten Grabowski-Vorlage die freie Bahn hatte und das Leder zum 2:2 ins Netz legte. „Trotz der technischen Klasse der Eintracht hatten wir die größeren und häufigeren Torgelegenheiten. Es gilt wieder einmal die zehnte Strophe des Borussenliedes: Es werden zu viele Chancen vergeben“, klagte am Ende ein sichtlich enttäuschte Zeljko Cajkovski. Eintracht-Trainer Elek Schwartz dagegen sparte nicht mit Lob für die Borussia: „Neunkirchen ist besser als sein Tabellenplatz – eine lebendige, frische Mannschaft, die mit großem Schwung kämpft. Vor allem Gayer und Kuntz haben mir gefallen.“

Was Schwartz zu diesem Zeitpunkt nicht ahnte: Das 2:2 war für die Borussen der letzte Lichtblick für einige Wochen. Es folgten 5 Niederlagen am Stück, zum Teil deprimierenden Ausmaßes (0:10 in Mönchengladbach, 0:5 bei 1860 München, 1:5 gegen Schalke 04), die die Mannschaft aus dem Ellenfeld ans Tabellenende abrutschen ließ.

Immer wieder Wolfgang Gayer (weißes Trikot): Borussias Stürmer war von Frankfurts Defensive kaum zu stoppen. (Foto: 90 Minuten – Mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Und was wurde aus Doppelpacker Wolfgang Gayer? Der gebürtige Mannheimer hatte in der Aufstiegsrunde mit 7 Toren in 8 Spielen ganz maßgeblich zur direkten Rückkehr der Borussia in die Bundesliga beigetragen. 1968 wechselte er nach 25 Toren in 61 Spielen vom Ellenfeld zum Wiener Sportclub, für den er bereits vor seiner Zeit in Neunkirchen drei Jahre gespielt hatte, und knüpfte dort an seine gute Torquote an. Hertha BSC wurde auf den offensiven Mittelfeldspieler, dem sie in Österreich wegen seiner eleganten Spielweise den Spitznamen „Mozart“ verpasst hatten, aufmerksam. In Berlin erlebte Wolfgang Gayer Licht und Schatten: Einerseits gelangen ihm beim 9:1 gegen Borussia Dortmund 1970 gleich vier Tore, andererseits verstrickte er sich in den Bundesligaskandal, gehörte zu jener Berliner Mannschaft, die für die 0:1-Heimniederlage gegen Arminia Bielefeld während der Saisonabschlussparty in einem Hochhaus in Charlottenburg vor einem Koffer mit viel Geld saß und sich mit Gayers Stimme dafür entschied, die Kohle anzunehmen. „Der Alkohol ist keine Entschuldigung. Ich werde mir das nie verzeihen“, sagte ein ehrlicher Wolfgang Gayer 2010 in einem Beitrag der „Berliner Zeitung“ (BZ). Von Hertha ging es nach Südafrika zu Durban City FC und Hellenic FC, dann zurück nach Deutschland zu 1860 München, ehe es Gayer 31jährig zum LASK nach Linz in die Heimat seiner Ehefrau zog. Selbst nach dem Ende seiner offiziellen Laufbahn konnte er vom Fußball nicht genug bekommen, hielt bis zu seinem 66. Lebensjahr für Olympia Lampertheim, Adria und Türkspor Mannheim als Spielertrainer und Libero die Knochen hin. 2009 war dann beim Polizei SV Mannheim endgültig Schluss. Im Ellenfeld hat der Instinktfußballer aus einfachen Verhältnissen (Gayer wuchs als Sohn eines Spenglers mit neun Geschwistern auf) bis heute einen guten Ruf, auch wenn er weiß: „ich hätte mehr aus meiner Karriere herausholen können. Aber ich hatte niemand, der mich anständig beraten hat.“

Beim 2:2 gegen Frankfurt hatte Wolfgang Gayer in einem Team gespielt mit: Willi Ertz, Peter Czernotzky, Jürgen Rohweder, Dieter Schock, Erich Hermesdorf, Günter Kuntz, Ludwig Lang, Hans Linsenmaier, Hugo Ulm und Jürgen Wingert. (-jf-)

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