Fußball in Corona-Zeiten

„Die Abstände halten!“ Die energische Aufforderung von Björn Klos am vergangenen Samstag im Heimspiel der Borussia gegen Saar 05 hatten ganz sicher nichts mit Corona zu tun. Der Borussen-Trainer wollte seine Schützlinge auch keineswegs dazu aufrufen, die Gegenspieler einfach schalten und walten zu lassen. Die Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen nicht zu groß werden zu lassen – das war die Ansage. Dass seine Jungs ihn richtig verstanden haben, macht der 4:0-Sieg am Ende deutlich. Abstand gehalten und die Regeln des Hygienekonzepts gut umgesetzt, haben allerdings auch die meisten Zuschauer.

Borussias Stadionsprecher Oliver Gerber und Michael Rosar hatten einige Male vor und während des Spiels sowie in der Halbzeit auf die wichtigsten Dinge hingewiesen, die da lauten: Mund-Nasen-Schutz tragen bis auf den Platz, Kontaktlisten, Einhaltung der Zonen, in die das Ellenfeld-Stadion gemäß DFB-Empfehlung eingeteilt wurde, und eben Abstand halten. Die Jugendabteilung und Martin Gonschorek, der im Ellenfeld die Aufgabe des Hygiene-Bauftragten übernommen hat, haben viel Arbeit und Energie in ein Konzept gesteckt, das sich am DFB-Leitfaden „Zurück ins Spiel“ orientiert und mit den lokalen Behörden abgestimmt ist. Auf der Homepage der Borussia ist das Konzept ausführlich erläutert und für jedermann einsehbar.

Markierte Plätze auf der Tribüne (oben) und den Stehplatz-Trassen des Ellenfelds (unten) sorgen für die notwendigen Abstände. (Fotos: -jf-)

Um Fußball mit Zuschauern weiterhin möglich zu machen, ist es notwendig, dass sich alle Beteiligten an die vorgegebenen Regelungen halten. Dies ist zum Auftakt im Ellenfeld gegen Saar 05 offensichtlich gut gelungen. „Wir waren zufrieden. Auch Vertreter des Ordnungsamts waren zugegen und hatten nichts zu beanstanden“, berichtete Martin Gonschorek sichtlich erleichtert nach der Partie, zu der trotz der Auftaktniederlage in Quierschied immerhin noch 330 Zuschauer kamen, darunter auch diesmal wieder viele Groundhopper, die ebenso wie die Akteure und Fans dem Neustart regelrecht entgegen gefiebert hatten und von Dr. Jens Kelm am Vormittag eine Stadionführung geboten bekamen. So waren auch Steffi aus Heilbronn, Sven aus Mannheim und Sirko aus Glauchau total „angefixt“ vom Feeling im steilen Ellenfeld und konnten bei einem Rundgang kaum glauben, dass das sich nach monatelanger Zwangspause präsentierende satte Grün immer noch den Rasen darstellt, der schon zu Bundesligazeiten der Borussia die Grundlage für die Kicker bot. „Die spielfreien Wochen haben dem Platz gut getan“, sagt Platzwart Rainer Hoffmann, der fleißig gewerkelt und alles Mögliche getan hat, um den Zustand des Spielfeldes zu optimieren. Mehr war, mehr ist wohl auch nicht drin. Denn wer über den Rasen geht, merkt: Die Zeit ist halt nicht spurlos an ihm vorüber gegangen.

Das sportliche Geschehen auf eben diesem Rasen mag dabei für manche Zuschauer auch „nur“ der Anlass sein, vielleicht gar nicht das Wichtigste. Das sind womöglich die sozialen Kontakte. Sich Wochenende für Wochenende gemeinsam mit Freunden der Borussia zu treffen – im Ellenfeld oder auf den übrigen Plätzen der Saarlandliga – das hat vielen gefehlt. Der eine oder andere hat womöglich erst in der Krisenzeit gemerkt, welchen Wert diese Gemeinschaft hat, zumal die Freiheit an den Wochenenden ungewohnt war. Deshalb ist die Vorfreude auf den Neustart groß. Und doch: Es ist ein Neustart ins Ungewisse. Fußball fühlt sich anders an als vorher. Das Unbeschwerte fehlt. Keiner kann derzeit prognostizieren, wie es, ob es ohne Störungen weitergeht. Erneuter Saisonabbruch, Spielverlegungen und damit zusammenhängende Wettbewerbsverzerrung oder gar Spielabsagen mit Punktverlust – all das schwebt nach wie vor wie ein Damoklesschwert über der Liga.

Platzwahl in Corona-Zeiten (mit vl.l. Schiedsrichter Maximilian Fischer, Marco Dahler und Saar-Kapitän Lars Anton): Ohne Linienrichter, ohne Shakehands. (Foto: -jf-)

Andererseits: Die Krise als Chance? Auf jeden Fall, glaubt Tobias Amelong, Reisender in Sachen Fußball, auf seinem Internet-Blog „sportplatzbesuch“: „Wer hätte gedacht, dass ein Stadtderby im Kreispokal Zweibrücken zwischen dem traditionsreichen TSC und dem ursprünglichen Mitgründungsvereins aus Ixheim online fast ausverkauft sind. Oder dass beim Kreisliga-Auftakt zwischen der der FSG Trier-Ehrang/Pfalz und der Mosella aus Schweich das komplette Kartenkontingent von 300 Karten bereits Tage vorher vergriffen ist?! Klar, man kann jetzt den Einnahmen hinterhertrauern, die man bei 600 Zuschauern hätte machen können. Doch mal im Ernst – wer hätte gedacht, dass Amateurclubs überhaupt mal Online-Tickets verkaufen! Die Menschen haben Lust auf Fußball vor Ort, an der Basis. Man freut sich auf Nachbarschaftsduelle und hat wenig Bock auf den langweiligen Kick ohne Fans am Bildschirm. (…) Gleichzeit muss man aber auch den Vereinen danken, die sich zumeist ehrenamtlich kümmern und Hygienekonzepte aufstellen, damit die Menschen wieder auf die Plätze strömen können. (…) Deshalb raus an die Fußballstangen der heimischen Clubs“, lautet Tobias Amelongs abschließende Bitte an alle Fußballfans.

Eins steht fest: Geisterspiele im Fernsehen haben – bei aller sportlichen Qualität – zur Genüge gezeigt, dass der Fußball ohne Fans nicht der Fußball ist, den sich jeder wünscht. „Ohne Fans ist Fußball nur ein Spiel“, heißt es im Magazin 11FREUNDE. Doch eine Öffnung der Stadien in den oberen Ligen ist derzeit noch nicht absehbar. Die Amateure können davon profitieren: Denn bei Einhaltung der Regeln dürfen Zuschauer kommen. 800 im Ellenfeld – das ist eine Hausnummer! 800 im Ellenfeld können trotz Hygiene-Regeln Stimmung machen und für eine Atmosphäre sorgen, die beflügelt. Das hat auch Neuzugang Niklas Allenfort am Samstag gespürt: „Bei den Toren war es ganz schön laut!“ Warum also nicht den Gang ins heimische Stadion, auf den heimische Sportplatz antreten und dort das Live-Gefühl erleben, das einem der Fernseh-Fußball, selbst mit zugeschalteter Option „Stadionton“, derzeit nicht bieten kann? „Um dieses Erlebnis auch weiterhin genießen zu können, ist es notwendig, dass wir alle die Konzepte umsetzen und uns daran nicht nur im Ellenfeld, sondern auch bei den Gastspielen auf fremden Plätzen halten“, appelliert Borussen-Präsident Alexander Kunz an die Anhänger der Borussia vor dem Auswärtsspiel der neuen Saison bei Rot-Weiß Hasborn am kommenden Samstag. „Abstände halten“ – heißt dann dort im Waldstadion das Gebot für Borussias Mannschaftsteile wie für die mitgereisten Fans … (-jf-)

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