Lehrstunde in Sachen Cleverness

Borussia verliert 0:2 gegen Saar 05 / Erste Saisonniederlage im Stadion / Umstrittene rote Karte für Julian Flammann

Die Szene (Bild oben) hatte Symbolcharakter: Während die Mannschaft von Saar 05 im Mittelkreis den Sieg feierte, stand Kristof Scherpf, den Oberkörper mit den Händen auf den Knien abgestützt, daneben. Er hatte den lautstarken jubelnden Gästen den Rücken zugedreht. Frustriert, enttäuscht, ausgepumpt. Der Mann mit der Pferdelunge hatte alles gegeben. Diesmal vergeblich. Es war halt ein mehr als gebrauchter Nachmittag für die Borussen und alle, die es mit den Schwarz-Weißen aus dem Ellenfeld halten. 0:2 gegen Saar 05 – erstmals blieb Borussia in einem Heimspiel ohne eigenes Tor, erstmals gab es in dieser Saison im Ellenfeld-Stadion eine Niederlage. Und als ob das noch nicht genug wäre, hielt Schiedsrichter Niclas Zemke, dem die Karten bei Vergehen der Borussen ohnehin recht locker zu sitzen schienen, Julian Flammann nur ein paar Minuten nach seiner Einwechslung den roten Karton unter die Nase.

Zu diesem Zeitpunkt führten die Söhne Saarbrückens durch die beiden Treffer von Torjäger Christian Hertel (58.) und Nico Veeck (69.) bereits mit 2:0. In Unterzahl verpuffte die vom Björn Klos durch den Doppelwechsel (Vincenzo Accursio für Kamil Czeremurzynski und Julian Flammann für Tim Klein) zwanzig Minuten vor Schluss mit frischen Kräften angedachte Schlussoffensive wirkungslos. Was in der 77. Minute im Strafraum von Saar 05 passiert war, vermochte zunächst niemand genau zu sagen. Kristof Scherpf und Jan Luca Rebmann warteten auf der linken Flanke auf die Freigabe eines Freistoßes, als Jannik Schliesing im 16-Meter-Raum auf einmal wie vom Blitz getroffen zu Boden ging. Schiedsrichter Niclas Zemke konsultierte seinen Linienrichter, der offensichtlich etwas gesehen hatte, und zückte dann die rote Karte. „Was Julian gemacht haben soll, weiß ich nicht, ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Viel kann es nicht gewesen sein, denn Jannik Schliesing ist schnell wieder aufgestanden“, so Björn Klos unmittelbar nach der Partie. Der Borussen-Coach hatte seinem Schützling, der im Sommer von Saar 05 ins Ellenfeld gewechselt war, bei seiner Einwechslung – angesichts sich anbahnender entsprechender Kommunikation auf dem grünen Rasen – mit auf den Weg gegeben, „sich nicht provozieren zu lassen“. Nach dem intensivem Studium der Video-Aufzeichnung von Heinz Petri am Tag danach kommt Björn Klos allerdings zu einem einzigen Schluss: „Es ist nichts zu erkennen, was die rote Karte rechtfertigen würde!“

Diese Situation war irgendwie bezeichnend für die Partie, in der sich die Gäste aus Saarbrücken letztlich als das cleverere Team erwiesen als die Borussen. Die hatten in einer recht zerfahrenen und ereignislosen ersten Halbzeit, in der sich beide Teams auf sehr unebenem Geläuf mit der Kreation von Offensivaktionen reichlich schwertaten, gute Chancen zur Führung, doch Saar-Keeper Birkenbach war bei Tim Kleins Geschoss (34.) ebenso auf dem Posten wie gegen Nyger Hunter (39.). Pech für die Borussia, dass die Pfeife von Schiedsrichter Niclas Zemke nach 20 Minuten stumm blieb, als Jan Luca Rebmann nach einer Ecke von Saar 05 bei einem schnellen Konter „auf die Reise“ geschickt wurde und auf dem Weg Richtung Saar-Tor nur noch unfair gebremst werden konnte. Auf der anderen Seite ließ Borussias Defensive bei einigen Eckbällen und langen Einwürfen, von David Seibert flankengleich in den Strafraum geworfen und dort meist per Kopf verlängert, nichts anbrennen.

Nach dem Seitenwechsel hatte Borussia die erste Gelegenheit, doch fand Kristof Scherpf nach gelungenem Zusammenspiel mit Nyger Hunter auf der rechten Seite bei seiner Hereingabe erneut in Marc Birkenbach seinen Meister. Auf der Gegenseite klärte Kamil Czeremurzynski in höchster Not gegen den einköpfbereiten Ndombele Bernard (55.), aber drei Minuten später war Saars bester Torschütze Christian Hertel entschlossen zur Stelle und versenkte eine Kopfballvorlage von Dominic Altmeier schnörkellos im rechten oberen Torwinkel. Die Borussen versuchten jetzt, den Druck zu erhöhen, waren aber anfällig für Konter. So rauschte eine flache Hereingabe von Christian Hertel quer durch den Strafraum, Dominic Altmeier verpasste das Leder freistehend nur um Haaresbreite. Das hätte das 0:2 sein können, das dann drei Minuten später fiel. Nico Veeck fasste sich ein Herz und drosch einen nach einem Eckball abgewehrten Ball vom rechten äußeren Strafraumeck direkt in den Torwinkel – eine Vorentscheidung. Die Borussen mobilisierten zwar die letzten Reserven, blieben aber – erst recht in Unterzahl – in der Schlussphase gegen einen aufmerksamen Marc Birkenbach und eine clevere Saar-Abwehr, die die Führung mit allen Mitteln verteidigte, glücklos. Philippe Persch verhinderte am Ende gegen den eingewechselten Akim Soulemana das 0:3, doch das wäre für Borussia auch des Schlechten zuviel gewesen.

Borussias Schluss-Spurt verpuffte, auch diese Hereingabe des aufgerückten Christoph Stemmler fand keinen Abnehmer. (Foto: -jf-)

So durften sich die Gäste beim Schlusspfiff über nicht unverdiente drei Punkte freuen. „Wenn wir von Entwicklung sprechen, so gehört die Cleverness sicher auch dazu. Und in dieser Beziehung hat unsere Mannschaft heute eine Lehrstunde erhalten. Wir sind noch nicht soweit, aus einer solchen Partie, in der wir sicher auch Fehler gemacht haben, wenigstens mit einem Unentschieden rauzugehen. Das hat heute den Unterschied gemacht“, so das Fazit von Björn Klos, der jetzt drei Tage Zeit hat, seine Jungs für das Pokalspiel am Mittwoch in Quierschied (Anstoß: 19.00 Uhr) wieder aufzurichten. Denn die waren schon „geknickt“. Doch jetzt heißt es: Wieder aufstehen, sich schütteln und neu fokussieren. Am Mittwoch soll es anders aussehen! Neues Spiel, neues Glück. Wie sagt man so schön: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. (-jf-)

Unsere Bilder vermitteln Eindrücke vom Spiel der Borussia gegen Saar 05. (Alle Fotos: -jf-)

Borussia in der Statistik

Unsere Mannschaft:Philippe Persch, Marco Dahler, Nino Kannengießer, Christoph Stemmler, Kamil Czermurzynski (ab 71. Vincenzo Accursio), Jan Luca Rebmann (ab 62. Frissell Ejiofor Hunter), Tim Braun, Kristof Scherpf, Nyger Marley Hunter, Daniel Schlicker, Tim Klein (ab 71. Julian Flammann). – Unser Trainer: Björn Klos.
Tore:0:1 (58.) Christian Hertel, 0:2 (69.) Nico Veeck. – Schiedsrichter: Niclas Zemke (Püttlingen). –  Zuschauer: 200. – Gelbe Karten Borussia: Jan Luca Rebmann (27.), Nyger Hunter (29.), Kamil Czeremurzynski (57.), Christoph Stemmler (63.), Daniel Schlicker (82.). – Rote Karte Borussia: Julian Flammann (78.).

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