Ein Punkt in Bübingen – Nackenschläge nehmen kein Ende

Borussia im Pech: Kamil Czeremurzynski verletzt, rote Karte für Daniel Ruschmann – Björn Klos mit offensiver Durchschlagskraft nicht zufrieden

Unser Bild: Mit beiden Händen vom Gegenspieler Cedric Omoregie (links) weggestoßen fällt Borussias Patrick Seidel wie ein Baum – die Pfeife des Unparteiischen bleibt stumm, Bübingens Nummer 11 kann ungehindert zum Ausgleich flanken. (Foto: -jf-)

Von Jo Frisch

Jens Kirchen, Marco Dahler und Mamadou Traoré verletzungsbedingt nicht dabei, Kamil Czeremurzynski nach 53 Minuten mit Nasenbeinbruch und zahlreichen Prellungen im Gesichtsbereich raus, Borussia damit ohne die etatmäßige Innenverteidigung und zudem nach der roten Karte für Daniel Ruschmann fast eine halbe Stunde in Unterzahl – die Nackenschläge, die Björn Klos und seine Schützlinge auch am Sonntag in Bübingen wieder verkraften mussten, sind schon außergewöhnlich, aber symptomatisch für die gesamte bisherige Saison. Von den monatelangen Ausfällen der Stammkräfte Philippe Persch, Tim Cullmann und Yannick Bach ganz zu schweigen. Dennoch: Borussia lässt sich nicht kleinkriegen – das ist aller Ehren wert! Wenigstens der „Capitano“ ist jetzt wieder voll dabei, erzielte im Meerwald-Stadion sein erstes Saisontor und brachte Borussia mit 1:0 in Führung. Bübingens Ausgleich durch Nils Cuccu, der das Leder per Kopf hinter Jonas Merhej im Borussen-Netz versenkte, war angesichts der Spielanteile sicher nicht unverdient, in seiner Entstehung aber für Borussia eher unglücklich. Denn Schiedsrichter Jan Frevel hatte dabei glatt übersehen, dass Flankengeber Cedric Omoregie sich seines Kontrahenten Patrick Seidel durch einen vehementen Stoß mit beiden Händen rustikal entledigt hatte, ehe er die Lederkugel zum 1:1 überhaupt auflegen konnte.

Dennoch wollte Björn Klos nach dem Abpfiff den Blick weniger auf den einen oder anderen widrigen Umstand, sondern viel mehr auf das Positive richten. „Kopf hoch, Jungs!“ munterte er seine Schützlinge im Teamkreis auf. „Wie wir Kamils Verletzung und die rote Karte weggesteckt haben, wie wir bis zum Schluss kühlen Kopf bewahrt und kaum noch etwas zugelassen haben, ja sogar mit einem Mann weniger noch zu der einen oder anderen Chance gekommen sind, zeigt die Mentalität der Jungs und den Teamgeist“, resümierte der Borussen-Coach, dem allerdings auch eine große Schwäche nicht verborgen geblieben ist: „In der Offensive fehlt uns die Durchschlagskraft.“ Dieses Manko zeigte sich vor allem in der ersten Halbzeit. Bübingen erspielte sich auf dem engen und kleinen Platz, auf dem schon mal der eine oder andere Abstoß beim gegnerischen Torwart landete, die ersten Gelegenheiten, aber der aufmerksame Jonas Merhej war stets auf dem Posten. Borussia entwickelte nach vorne hin kaum Druck. Erst nach 32 Minuten bot sich Daniel Ruschmann nach Diallo-Vorlage die erste Schusschance, doch das Leder segelte über den Kasten von Marco Curcio. Nachdem die Gastgeber wenig später zu zögerlich die entscheidende Möglichkeit zum Abschluss verpassten, so dass Pino Vituzzi im letzten Moment dazwischengehen konnte, und Patrick Wöber aus halbrechter Position das Borussen-Tor nur knapp verfehlte, fiel nach 38 Minuten wie aus heiterem Himmel die Führung für Borussia: Nach einem Freistoß von Daniel Ruschmann hatte Bübingens Abwehr kurzzeitig Orientierung und Zugriff verloren; frei nach dem Motto: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ nutzte Yannick Bach die Unentschlossenheit von Momo Diallo und Patrick Seidel gedankenschnell aus, schnappte sich die Kugel und schob sie ganz cool und überlegt ins lange Eck ins Bübinger Netz. „Ein Tor aus dem Nichts“, kommentierte Björn Klos, der nur eine Minute später beinahe über das 0:2 hätte jubeln können, doch Marcel Jungs strammer Abschluss nach Gabriel-Ablage ging über das Tor.

Die zweite Halbzeit begann mit einem unglücklichen Kopfallduell, nach dem Kamil Czeremurzynski benommen liegen blieb. Borussias Nummer 15 versuchte es nach längerer Behandlungspause zwar wieder, musste aber wenig später dann doch den Platz verlassen und gleich die Winterberg-Klinik zur genaueren Diagnose seiner Verletzung aufsuchen. Tom Fink ersetzte ihn, Yannick Bach rückte in die Vierer-Kette ein. Nach 64 Minuten hatten die Borussen-Fans erneut den Torschrei auf den Lippen, doch Momo Diallo, von Marcel Jung gut freigespielt, scheiterte aus spitzem Winkel an Bübingens Keeper Marco Curcio. Jetzt sah es so aus, als könne Borussia die Partie in den Griff bekommen. Doch als Schiedsrichter Jan Frevel ein hartes Einsteigen von Daniel Ruschmann an der Mittellinie mit der roten Karte ahndete, war der gerade aufgekommener Elan gebremst. Erst recht nach dem 1:1-Ausgleich durch Cuccus Kopfball (68.), dem Sinan Tomzik fünf Minuten später durchaus hätte das Führungstor der Gastgeber hätte folgen lassen können, doch Borussen-Keeper Jonas Merhej reagierte per Fußabwehr blitzschnell allein gegen Bübingens Stürmer und bewahrte sein Team vor dem Rückstand.  In der letzten Viertelstunde ergriff Borussia, vor allem angetrieben von dem enorm fleißigen Mohammed Benghebrid, jetzt auch selbst wieder mutiger die Initiative und suchte die Entscheidung. Dabei hatte Tom Fink Pech mit einem Schuss von der Strafraumgrenze, der knapp am Tor vorbeistrich. Bübingens Versuche, den „lucky punch“ zu setzen, waren indes gegen eine hochkonzentrierte Borussen-Defensive nicht zwingend genug. So blieb Borussia im siebten Spiel hintereinander unbesiegt, nahm aber am Ende statt der angestrebten drei Punkte nur einen Punkt mit ins Ellenfeld. Trainer Björn Klos hat die taktische Disziplin gefallen, „aber wir brauchen vorne mehr Durchsetzungsvermögen, mehr Zug zum Tor, mehr Abschlüsse. Damit kann ich nicht zufrieden sein.“ Mit den Fragen, wie es ausgegangen wäre, hätten Kamil Czeremurzynski und Daniel Ruschmann bis zur letzten Minute auf dem Platz gestanden oder wäre das klare Foul an Patrick Seidel vor Bübingens Ausgleich gepfiffen worden, will sich Borussias Coach nicht befassen: „Alles hätte, wenn und aber – ich weder ein Freund des Klagens noch des Konjunktivs! Wir müssen die Situation so annehmen, wie sie kommt und wie sie ist. Es liegt an uns, das Beste daraus zu machen. Und es liegt ja noch immer alles in unserer Hand.“

Unsere Bilder vermitteln Eindrücke von der Partie im Bübinger Meerwald-Stadion. (Fotos: Jan Sebastian Bach / Jo Frisch)

Borussia in der Statistik:

Unsere Mannschaft: Jonas Merhej – Patrick Seidel, Giuseppe Vituzzi, Kamil Czeremurzynski (52. Tom Fink), Mohammed Benghebrid, Jannik Nagel, Yannick Bach, Marvin Gabriel (75. Tim Klein), Daniel Ruschmann, Mouhamad Diallo (84. Nicolas Gil Rodriguez), Marcel Jung. – Unser Trainer: Björn Klos.

Tore: 0:1 (38.) Yannick Bach, 1:1 (68.) Nils Cuccu. – Schiedsrichter: Jan Frevel (Heusweiler). – Zuschauer: 250. – Gelbe Karten: Giuseppe Vituzzi (63.), Patrick Seidel (72.), Mohammed Benghebrid (90.), Tom Fink (90.). – Rote Karte: Daniel Ruschmann (65.).

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